Gespenster

In tiefschwarzer Ausweglosigkeit zuckt und leidet Familie Alving ihrem Zusammenbruch entgegen.

Henrik Ibsens Tragödie „Gespenster“ inszeniert die slowenische Regisseurin Mateja Koležnik als Kammerspiel in historischen Kostümen und einem verwinkelten Bühnenbild von Raimund Orfeo Voigt und Leonie Wolf. Die Einsamkeit und Verzweiflung der Figuren wird vom Konzept der Regisseurin und ihrer Bühnenbildner*innen noch dadurch überbetont, dass die Spieler*innen in ihren dunklen Kabuffs gegen die Wand oder ins Leere sprechen. Sie führen ihre Dialoge nicht Auge in Auge, sondern sprechen sie als resignierte Monologe meist in getrennten Zimmern, oft blicken sie dabei in entgegengesetzte Richtungen.

Wie museale Ausstellungsstücke wirken die Spieler*innen in ihren Kostümen aus dem 19. Jahrhundert: besonders augenfällig ist es bei der langen Robe, die Ana Savić-Gecan inklusive Cul de Paris und Korsett für Corinna Kirchhoff in der Rolle der Helene Alving entworfen hat. Das ist symptomatisch für den Abend: Handwerklich sind die 90 Minuten so makellos wie die Garderobe der Hauptfigur, doch dieser Abend wirkt so klassisch-gediegen-museal, dass er sich leicht konsumieren lässt, aber nicht nachhallt.

BERLINER ENSEMBLE: „Gespenster“ von henrik Ibsen, Regie: Mateja Koležnik

Welche Fragen die Regisseurin und das Berliner Ensemble an diesem Stück interessieren, das kurz vor der vorletzten Jahrhundertwende schrieb und das damals so skandalös war, dass es erst vier Jahre später aufgeführt werden konnte, bleibt unklar. Paul Zichner als syphilitischer Künstler Osvald Alving und Corinna Kirchhoff als seine Mutter spielen den Zusammenbruch ihrer Figuren mit großen, ausladenden Gesten und voller Schmerz. Ihre Figuren haben aber zu wenig mit unserer Gegenwart zu tun.

In den Nebenrollen erleben wir Wolfgang Michael als wortkargen Tischler Engstrand, Judith Engel als schüchternes Zimmermädchen Regine Engstrand und Veit Schubert als Pastor Manders. Er ist einer von nur zwei Spielern, die schon während der Intendanz von Claus Peymann im Ensemble am Schiffbauerdamm waren. An den gediegen-musealen Stil der Klassikerbearbeitungen seiner Ära erinnert auch dieser „Gespenster“-Abend am Berliner Ensemble.

Bilder: Matthias Horn

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